Les périphériques vous parlent N° 2
HERBST 1994
S. 44-45
deutsch
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 Argumente und Vorschläge 
nach Vom Konsum zum Ausgeben

Erste Elemente für eine Überlegung über den Begriff des Ausgebens im Gegensatz zum Konsum

Hier stellen wir recht kurz gefasst eine Anzahl von Perspektiven in dem Versuch dar, auf die Frage :
Was kann man an die Stelle des Konsums setzen ?
zu antworten.
Wir schlagen das Konzept des Ausgebens vor.
Selbstverständlich gibt dieser Text nicht vor, die Komplexität der sozio-ökonomischen Problematiken, die dieser Begriff aufwirft, eingehend zu behandeln, doch trotz des provisorischen Charakters dieser Überlegungen erscheint es uns wichtig, sie der Diskussion vorzulegen.

Massenproduktion, Massenkonsum und Massenkultur

Das Massenkonsumsystem ist eine Folge des Industrieaufschwunges im XX. Jahrhundert, der sich auf die Massenproduktion gründet. Im Laufe der letzten vierzig Jahre hat der Triumph der „Konsumgesellschaft” in den meisten Industriegesellschaften eine Kultur eingerichtet, die die Bedürfnisse an Massenprodukten vervielfacht und einen Durchschnittsverbraucher dem Angebot des Marktes unterworfen hat.

Gleichzeitig haben die Gesellschaftsklassen ihre Konsumformen einander angeglichen. Die Wirtschaftspartner, Arbeiter, Angestellte, Unternehmer, Lohnempfänger, wurden allmählich in das Massenproduktions- und -konsumsystem einbezogen, um schließlich nur noch eine Konsumentenklasse zu bilden : Die „Mittelklasse”. Es genügt, sich davon zu überzeugen, wie heute ein Individuum weniger nach seiner Klassenzugehörigkeit, als nach seinem Konsumverhalten eingestuft wird.

Entwicklung in Richtung auf eine Qualitätsproduktion

Jedoch drängt die wirtschaftlich-industrielle Entwicklung seit ungefähr zwanzig Jahren im Rahmen einer technologischen Revolution, die eine Entwicklung der Produktionsformen zur Folge hat (siehe hierzu das Kapitel Die Krise oder die lange Agonie des Taylorismus), immer mehr Unternehmen dazu, Produktionskriterien anzunehmen, die auf Qualität zielen, Qualität der Produkte und Dienstleistungen, aber vor Allem, was daraus hervorgeht : Qualität der Menschen.

Sobald die Qualitätsanforderungen auf dem Markt die Oberhand gewinnen, wird das System, das das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage regulierte, vollständig umgewälzt werden. Diese radikale Entwicklung der Produktionsweisen, die sich von den Quantitäts- auf Qualitätsnormen umstellt, findet nur schwer ihren Ausdruck im sozio-kulturellen Bereich (Familie, Gesellschaft, Lebensweisen), da sie auf ein unpersönliches Sozialkollektiv stößt, das an den Gewohnheiten und Abhängigkeiten des Massenkonsums festhält. (Siehe hierzu und zum Bereich der Landwirtschaft die Vorschläge der Studenten von « La Saussaye ».

Andererseits geht es den meisten Unternehmern nur darum, die Produktqualität zu verbessern, um die Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen der Massenproduktion zu sichern. Der Ausdruck der Qualitätsproduktion kann sich jedoch nicht allein auf das Produkt beschränken. Zuallererst betrifft er den Menschen selbst, den Produzenten ebenso wie den Käufer. Man tritt hier in einen anderen Marktraum ein, einen vollständig anderen Austausch zwischen den Menschen, denn hier muss der Mensch etwas anderes als ein Konsument sein.


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Vom Konsum zum Ausgeben

Vom Konsum zum Ausgeben

Wie wir dem Interpreten, der treu die Rolle des Massenproduktkonsumenten spielt, den Akteur, der seine eigene Rolle spielt, entgegengestellt haben, stellen wir dem Konsum den Akt des Ausgebens gegenüber. Diesen Begriff des Ausgebens könnte man ganz allgemein als den „kulturellen Gebrauch” des Wachstums im Rahmen einer sozialen und menschlichen Entwicklung bezeichnen.

Wenn man von Ausgeben spricht, soll das eine Art und Weise bedeuten, die Konsequenzen jeder Produktion, jedes Wachstums der Reichtümer zu überdenken.

Auf der Ebene der Marktwirtschaft beinhaltet das Ausgeben eine Vermittlung des Austausches durch Geld. Einerseits, um Bedürfnisse zu befriedigen (Konsum), und andererseits, um in der Produktionsaktivität zu investieren. Um „auszugeben”, genügt es unserer Meinung nach nicht, einfach ein Produkt zu verbrauchen, es handelt sich vielmehr darum, die Konsequenzen des Gebrauches des Produktes abzuwägen. Die Bezeichnung „Gebrauch” bedeutet nicht nur den unmittelbaren Nutzen des Produktes, sondern auch die späteren Folgen dieses Gebrauches mit in die Rechnung einzubeziehen, was die erhofften Befriedigungen (welche Erkenntnis, Ausbildung, Aktivität bringen sie mit sich) betrifft ebenso, wie die Inrechnungnahme der eventuellen Schäden, die das Produkt in anderen Zusammenhängen verursachen kann (An diesem Punkte brauchen wir nur an die zahllosen Schädigungen zu erinnern, die z.B. die Automobil- und Fernsehproduktion in den letzten Jahrzehnten angerichtet hat). Ausgeben bedeutet folglich, an den Gebrauch dessen zu denken, was man erwirbt.

Im Gegensatz zum Konsum drückt das Ausgeben eine Aktivität aus, die einen aktiven, „tätigen” Kunden voraussetzt, der den Markt in Bewegung setzen kann, da er persönliche Bedürfnisse hat.

Wenn der Markt sich immer mehr in Richtung auf eine Qualitätsproduktion orientiert, wird die Ausbildung eines Menschen, der persönliche Bedürfnisse hat, der wichtigste Faktor der Marktentwicklung. Der Markt gerät selbstverständlich in Bewegung, wenn der Mensch nicht nur ein Konsument ist, der einer Nachfrage folgt, sondern der durch seine Ausgabetätigkeit eine Nachfrage erzeugt, einen Mehrwert für das Produkt, das er kauft, den er durch seine Tätigkeit erzeugt.

Diese Bemerkungen führen uns dazu, den Kommerz völlig umzudenken : Er wird mehr zu einer Beziehung zwischen Menschen als zwischen Geldbeuteln.

Hieraus folgt, dass man eine andere Art von Wachstum ersinnen muss : Einen produktiveren Wachstum als den aktuellen auf den die menschliche Energie vernichtenden Wettbewerb gestützten Handelskrieg, der nur dazu dient, multinationale und andere Minderheiten, die sich um die konkreten Forderungen der Bevölkerungen einen Dreck kümmern, Marktanteile erobern zu lassen.

Wenn man unbedingt Wert darauf legt, bei der Marktwirtschaft zu bleiben, wird man auf jeden Fall diesen Markt umformen müssen. An die Stelle eines Marktes, wo der Kunde nur ein kindischer Verbraucher von Produkten ist, die ihm ununterbrochene Werbekampagnen vorsetzen, muss man einen Markt setzen, wo der Kunde wirklich König ist. Der Kunde muss wie der Unternehmer die Herstellung von neuen Gütern, Gütern einer anderen Art anregen. Ein Kunde, der nur die Bedürfnisse hat, die ihm der Markt anbietet, genügt heute nicht mehr, diesen Markt gesund zu erhalten. Die Nachfrage muss produktiv sein und das Angebot begleiten oder gar motivieren. Unternehmen, die „Pionierarbeit” leisten, bedürfen derselben Unterstützung, wie die Unternehmen, die „ich auch” sagen. Heutzutage können sich Pionierunternehmen definitionsgemäß nur auf eine Qualitätsproduktion ausrichten. Um sie zu unterstützen, muss man die soziale Ebene sicherstellen und eine weitsichtige Politik machen, die darauf zielt, die Persönlichkeit im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rahmen zu entwickeln.


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